am 01.10.2019

Im Dialog mit dem schwäbischen Bezirkstag

Gemeinsam mit anderen Allgäuer Behindertenhilfen haben wir zu einem runden Tisch mit dem schwäbischen Bezirkstag geladen.

„Wir erleben heute ein sehr starkes Zeichen der Verbundenheit“, so Bezirkstagspräsident Martin Sailer in seiner Begrüßung zum Trägergespräch zwischen Allgäuer Verbänden der Behindertenhilfe und den Mitgliedern des Bezirkstags Schwaben aus der Region Kempten/Oberallgäu. „Um zu wissen, wo in ihren Einrichtungen der Schuh drückt sind wir im Bezirkstag an einem intensiven und regelmäßigen Informationsaustausch sehr interessiert und bieten gerne an, diesen in Zukunft noch zu vertiefen“.

Die Lebenshilfe Kempten e.V., die Diakonie Kempten Allgäu, die Körperbehinderte Allgäu gGmbH, die Allgäuer Werkstätten GmbH und die Lebenshilfe Südlicher Landkreis Oberallgäu e.V. hatten zu einem runden Tisch geladen. Das gemeinsam formulierte Anliegen war es, persönliche Kontakte zu vertiefen und gerade auch neuen Mitgliedern des Bezirkstags Gelegenheit zur Vorstellung und zum Kennenlernen zu geben. Gleichzeitig sollte das Gespräch die Möglichkeit bieten, über aktuelle Entwicklungen und auch drängende Probleme der Behindertenhilfe vor Ort zu informieren.

Dr. Michael Knauth, Geschäftsführer der Körperbehinderte Allgäu, der durch das Gespräch führte, zeigte sich für die anwesenden Träger sehr dankbar, dass alle geladenen Bezirksräte, allen voran der Bezirkstagspräsident und auch die Leiterin der Sozialverwaltung beim Bezirk Schwaben, Frau Kreutmayr nach Kempten gekommen waren: „Angesichts aller Kompliziertheit und gewaltigen Herausforderungen vor denen wir derzeit gemeinsam stehen wird heute wieder einmal sehr deutlich, dass eine gute Partnerschaft zwischen Trägern und Bezirk besteht“. Micheal Hauke, Geschäftsführer der Allgäuer Werkstätten bekräftigt die langjährige gute gemeinsame Basis. “Wir alle wissen, ohne einen intensiven Dialog geht nichts“.

Anhand einzelner Praxisbeispiele erläuterten die Trägervertreter die aktuellen komplexen Fragestellungen. „Zwickmühle“ – es war der Begriff, der überaus häufig genannt wurde und auch von den Bezirksräten und der Sozialverwaltung so erlebt wird. So haben sich gesetzliche bauliche Anforderungen an Behinderteneinrichtungen in den letzten Jahren deutlich verschärft. Neue bauliche Mindeststandards führen dazu, dass gerade viele Wohneinrichtungen aufgrund neuer Auflagen nicht mehr betrieben werden dürfen, aufgegeben oder mit sehr hohem Aufwand umgebaut werden müssen. Das Bundesteilhabegesetz, seit 2018 in Kraft, spricht Menschen mit Behinderung eine wesentliche Stärkung ihrer individuellen gesellschaftlichen Teilhabe und Selbstbestimmung zu. Zusammen mit weiteren gesetzlichen Vorgaben wurden demzufolge die Mindestvorgaben für die personelle Besetzung und die Fachkraftquote in den Einrichtungen der Behindertenhilfe deutlich erhöht.

Allesamt – so waren sich die Gesprächsteilnehmer einig – Vorgaben, die grundsätzlich den betreuten Menschen dienen sollen. Nicht immer sind sie jedoch, wie es die Beispiele aus den Einrichtungen belegen, aber auch im Einzelfall sinnvoll. So erscheint es den Anwesenden überaus fragwürdig, wenn ein betroffener Mensch mit Behinderung auf Behördenweisung und gegen seinen erklärten Willen seinen vertrauten Wohnraum verlassen muss, weil sein Einzelzimmer gerade einmal 0,3 qm unter der nunmehr geforderten Mindestfläche liegt.

Indra Baier-Müller, Geschäftsführerin der Diakonie Kempten Allgäu beschreibt die finanziellen Lasten für die notwendigen baulichen Eingriffe an bestehenden Gebäuden der Diakonie als horrend, Mehrkosten, die der Sozialverwaltung und den Betroffenen schwerlich zu vermitteln sind.

Christine Lüdemann, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Kempten, erlebt besonders den Widerspruch zwischen dem akuten Fachpersonalmangel und den Anforderungen an die Personalbesetzung überaus besorgniserregend: „Dies führt ganz klar dazu, dass wir Gruppen schließen müssen, wenn wir nicht mehr genug Fachpersonal gemäß den gestiegenen Anforderungen finden“. Eine untragbare Situation und ein massiver Rückschritt für betroffene Menschen, so die einhellige Meinung aller Anwesenden. Schließlich sei es doch der Wille des Gesetzgebers, dass die begrüßenswerten Ansätze im Bundesteilhabegesetz auch bei den Menschen ankommen und sich nicht ins Gegenteil verkehren, so Alfons Weber, langjährig erfahrener, stellvertretender Bezirkstagspräsident.

Auch hier wieder die Zwickmühle: Aufsichtsbehörden sehen sich in der Verantwortung, verschärfte personelle und bauliche Anforderungen durchzusetzen, die entsprechend massiv steigenden Kosten sind für die Sozialverwaltung kaum zu schultern und die Trägerverantwortlichen finden sich in einer Sandwich-Position wieder zwischen gut gemeinten Vorgaben (Gesetze, Ausführungsbestimmungen) und dem tatsächlich Machbaren (Kostenübernahme und höchst problematische Situation auf dem Arbeitsmarkt).

In aller Entschiedenheit betonen die Träger, dass es nicht darum gehe, Verbesserungen in der Lebensqualität von Menschen mit Behinderung verhindern zu wollen, es sei vielmehr die Absicht vorhandene finanzielle und personelle Ressourcen möglichst effektiv einzusetzen und so eine bestmögliche Versorgung sicher zu stellen. Es sei deswegen nötig, die langjährigen Erfahrungen in den Einrichtungen intensiver zu nutzen und statt pauschaler Vorgehensweisen individuelle Lösungen auszuhandeln. Hartmut Höger, Geschäftsführer der Lebenshilfe in Sonthofen brachte es auf den Punkt: „wir wollen passgenau für Menschen planen, also individuell und sinnvoll bauen und betreuen“.

Bezirksrat Dr. Phillip Prestel empfiehlt einen Dialog mit der landespolitischen und bundespolitischen Ebene, um gemeinsamen Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Hier gehe es darum, wo nötig Nachbesserungen zu erreichen und Ausführungsbestimmungen näher an den Notwendigkeiten betroffener Menschen zu orientieren. Gerade die Bundespolitik habe vermutlich wenig Kenntnis, wie das Bundessozialhilfegesetz vor Ort wirkt und welche Problemstellungen in der Umsetzung auftreten so Barbara Holzmann, stellvertretende Bezirkstagspräsidentin.

Die anwesenden Bezirksräte versicherten in ihren Redebeiträgen ihre Unterstützung, bei der Lösung der aktuellen Problemstellungen intensiv mitzuwirken. Auch Frau Kreutmayr, Leiterin der Sozialverwaltung beim Bezirk Schwaben signalisierte sehr deutlich ihre Bereitschaft zum verstärkten Dialog und zur intensivierten Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Trägern.

Zum Abschluss des Trägergesprächs konkretisierte der Bezirkstagspräsident sein Angebot zu einem verstärkten und dauerhaften Dialog. Seinem Vorschlag entsprechend und von allen Anwesenden dankbar begrüßt wird die Gesprächsrunde zukünftig zu einer festen Institution und soll bereits im kommenden Frühjahr zur Vertiefung der Themen zu einem Klausurtag zusammenkommen.

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